Zwei Tage mit 23 Arbeitsstunden und zwei Nächte mit unruhigem Schlaf liegen hinter mir, endlich komme ich dazu mich zu fragen: war es das wert?
Doch von Anfang an: seit knapp 2 Jahren kann ich ja wieder Laufen, wenn auch nur kurze Strecken und immer wieder mit Schmerzen dabei und danach. Trotzdem bin ich im Mai 2024 beim letzten Golser 48er dabeigewesen und habe mit viel Gehen - was ich mittlerweile etwas gelernt habe - dann auch 200km erreicht. Und weil es dann seit Winter 2024/25 besser wurde, solange ich in der Ebene blieb, habe ich mich mit dem Vorsatz, mehr zu trainieren und weniger zu Naschen, für den erstmals stattfindenden 48er bei den Tullner Lauftagen angemeldet. Wie es so oft mit guten Vorsätzen ist und mit der Ausrede, dass ohnedies nicht absehbar ob ich eine relevante Verbesserung erleben würde, und es ja doch immer wieder zwickte nach einem falsch gesetzten Schritt, blieb ich dann hauptsächlich am Fahrrad und unternahm erst ab Mitte August Versuche, länger als zehn Kilometer am Stück zu laufen, was dann eh gut klappte, aber über 20km kam ich dann in der Vorbereitung nur zwei Mal. Und das mit den 10kg zuviel hat natürlich auch nicht funktioniert....
Nichtsdestotrotz hab ich mir im Vorfeld eingebildet, als Plan A 240km anzupeilen, das wären 5km/h also (theoretisch) "weitgehend" machbar. Also durchaus ambitioniert, und die unmittelbare Vorbereitung war super: zweimal richtig gut geschlafen, zwei Tage vorher freigenommen und gechillt, in aller Ruhe am Vortag angereist und im Vereinszelt auf Adalberts Feldbett nochmals recht gut geschlafen. Müdigkeit sollte kein so großes Problem werden :-)
Ebenfalls bereits angereist waren von unserem Team die richtig guten Läufer: Andi, Christian und Adalbert. Und neben einigen Bekannten aus der Szene war auch Martin T da, große Freude nachdem wir einander schon lange nicht gesehen hatten.
Die Tullner Lauftage werden veranstaltet von Manuela und Peter als heads of Ultralaufteam Tulln und bieten nicht nur 48 Stunden, sondern auch 24h, 100 Meilen, 12h, 6h, 3h, kurze Läufe bis runter zum Kinderlauf sowie jeden der drei Tage einen Marathon. Etliche Teilnehmer, wie auch unser Harry, nutzen die Gelegenheit gleich, um alle drei Marathons zu laufen, dafür gab´s auch eine eigene Wertung. Die Runde rund um das Wasser des Aubads ist knapp 1,3km pro Runde, etwas "hügelig" und durchgehend asphaltiert mit etlichen Baumwurzelaufwerfungen - also für mich fordernd, weil Ausfallschritte nach Hängenbleiben kann ich mir nicht oft leisten - nachts durchgehend beleuchtet und durch die hohen Bäume relativ gut windgeschützt. Es gibt drei WC´s (die würde ich noch brauchen). Die Organisation war ziemlich sehr perfekt und mir fällt auch im Nachhinein nichts ein, was ich beanstanden könnte ;-) und vom Veranstalterteam gaben sich alle die größte Mühe, den Läuferinnen (beim 48er war´s nur Berrit, die war dafür voll gut drauf) und Läufern alles Recht zu machen, Tag und Nacht unermüdlich gute Laune verbreitend. Und die Labestation spielte wirklich auch alle Stückerln, von alkofreiem Bier bis Kaffee und neben Snacks auch warmen Mahlzeiten. Sehr gut auch die Idee mit den Mehrwegbechern an für die jeweiligen Teilnehmer markierten Plätzen, das hat sicher ingesamt ein paar Tausend Plastikbecher eingespart.
Abends waren wir noch neben der Strecke in der Pizzeria, sehr gute süditalienische Pizze, und ich hab dann noch als Einziger die mit Mandarineneis gefüllte Mandarine zum Espresso genommen, die war aber eher schon mehr als 6 Monate im Tiefkühler zuvor und das sollte sich noch zeigen.
Am Freitag wars trüb und windig und würde auch am ersten Tag so bleiben, aber alle waren morgens guter Dinge am Start. Sehr neugierig war ich schon auf die längeren Nächte, bisher war ich immer im Mai und da dauerte die Nach nur sechs bis sieben Stunden. Das sollte, gleich vorweg, überhaupt kein Problem sein :-)
Begonnen habe ich ganz brav langsam und war bald einer der Letzten auf der Runde. Nicht nur Andi und Christian (die haben das drauf) liefen gefühlt unter 6er Schnitt los, und ich wurde schon bald überrundet. Ausserdem brauchte ich dann im Laufe des Tages einige recht dringende Klopausen und die Feuchttücher hab ich dann nach der zweiten gleich mit auf der Strecke behalten. Wenigstens wurde mir nie übel, und ich konnte sehr gute Flüssigkeit nachtanken. Und irgendwann musste es ja auch wieder aufhören (stimmte auch dann in der Nacht). Das Fortkommen war aber dadurch doch etwas verlangsamt, dadurch und auch auch wegen des kühlen Wetters bekam ich auch nie Kreislaufprobleme.
Am Nachmittag konnte ich weiter langsam Laufen (oft ein Stück der Runde gehend), zwischendurch auch nachdem er sein Anfangstempo verloren hatte länger mit Martin mit Austausch unserer Lebenserfahrungen in letzter Zeit, dann wieder mit Musik und am Abend war es dann recht gut, allerdings begannen zunehmend alle möglichen Gelenke und Muskeln und witzigerweise besonders auch der Nacken zu schmerzen. Ich war halt körperlich einfach nicht annähernd vorbereitet und haderte ob meiner mangelnden Konsequenz im Vorfeld. Was mich dann vorerst "rettete", waren mehrere 20-minütige Pausen liegend im Schlafsack, damit sich die Muskeln erwärmten (es war doch sehr feucht und windig), wonach ich vor allem zwischen 1 und 1/2 4h ein richtiges High hatte. Unbeeindruckt grasende (sic!) Biber gab´s auch zu bestaunen neben der Strecke:
Ab dann half das mit den Pausen dann aber auch immer schlechter, trotzdem blieb ich dran und erreichte dann nach 24 Stunden sogar beinahe 140 km.
Jetzt war auch viel auf der Strecke los, viele liebe bekannte Menschen bei den 3 und 6 und 12 Stundenläufen sowie 2.Marathon, und dadurch die Motivation auch wieder besser.
So nebenbei hörte ich mir alle "aufgehobenen" Episoden des Sitzfleisch - Podcasts von den Ultraradfahrern Christoph Strasser und Florian Kraschitzer über deren Teilnahme beim Trans Continental Race im August an. Gegen das, was die sich zumuten, sind wir Läufer ja eigentlich Lulus ;-) Aber bitte anhören, sehr empfehlenswert und lustig, weil die sehr selbstreflektiert und auch lustig. Die sprechen während der Fahrt auch regelmässig Nachrichten an ihre Angehörigen und Follower und auch zum späteren Erinnern in ihre Smartphones, und dabei fiel dann von Flo der legendäre Sager: "Kana hots so schwea wia i", gefolgt von einer Abhandlung übers Sudern und wie deppert das ist :-) Ab dem Zeitpunkt war meine Laune gerettet!
Ich hatte auch eine sehr gute Erfahrung mit der Imitation der Taktik von Janos, einem ungarischen Teilnehmer: ganz kurze Stücke (so 20 bis 100m je nach Steigung) laufen und dann wieder nur kurze Stücke gehen und sobald Muskeln sich beruhigen wieder anlaufen. Weil wegen der jetzt zunehmenden Knieschmerzen machte ich Ausweichbewegung und der rechte Oberschenkel blockierte dann zunehmend wegen Überlastung. Ich beschloss noch vor Mitternacht bei 190km aufzuhören, weil in dem Zustand zu Stolpern würde vielleicht das Knie wieder ernsthaft beschädigen, und dann morgens irgendwie die 200 voll zu machen (das war Plan B), was mit dieser Methode auch gelang, danke nochmals an mein neues Vorbild!
Vorteil war, dass ich in aller Ruhe Abendessen und dann fünf Stunden schlafen konnte. Morgens gelang mir dann sogar noch kurz etwas zu Traben, aber hauptsächlich gehend erreichte ich dieses Ziel dann locker und hatte auch keine argen Beschwerden mehr.
Und auch danach ging - und geht - es mir eigentlich sehr gut, ich habe nichts ruiniert.
Nett war dann noch, zusehen zu können wie die Marathonis weiterlaufen "durften" und der Reihe nach finishten.
Und für meine VereinskollegInnen waren das glaube ich auch ohne Ausnahme sehr gute Ergebnisse.
Also Fazit: Ja es war´s wert! Die besondere Atmosphäre bei so einem Lauf als Teilnehmer hab ich einfach vermisst und will sie auch wieder haben! Ich muss aber unbedingt den Trainingszustand verbessern, damit es noch mehr Spaß macht, weil ich einfach noch immer lieber langsam laufe als gehe. Deshalb habe ich auch beschlossen, heuer nicht Rundumadum mitzumachen, im Sinne der Vernunft. Schreib das nur hier her, damit Ihr mich eventuell daran erinnert ;-)
Nachtrag: Flo und Straps planen, den Spruch auf Leiberl zu drucken, die gibt´s dann im Ultracyclingshop - ein bisserl Werbung haben die verdient, hier auch der Link zum Podcast