Die VorgeschDie ULT Heustadlwasser Teamsichte:

Schuld war wieder einmal ich, eh klar, denn ich hatte den anderen dreien vom harten Kern des ULT Heustadlwassers im Herbst 2014 den Floh ins Ohr gesetzt: Transalpine-Run! Insbesondere Martin W. wurde von mir unerbittlich bearbeitet, denn er schien mir der ideale Partner für das Abenteuer zu sein. Irgendwann, wahrscheinlich um meine Nerverei zu beenden, sagte er zu. Daraufhin waren auch Erwin und Martin K. nicht mehr zuhalten. Zwei Teams: ULT Heustadlwasser jun. (Erwin und Martin K.) und ULT Heustadlwasser sen. (Martin W. und ich) waren somit Realität. Wenig später lernten wir auch noch ein Team von run42195.at kennen: Jean-Marie und Christian, die schon mal dabei waren und es 2015 wieder wagen wollten. Ab dann war nur noch eines angesagt: Training! Schneeberg, Rax, die Anden, Lainzer Tiergarten, Nasenweg, Hermannskogel, Wackerballig, …

 Die Anreise:

Freitag, den 28.8.2015 war es dann soweit. Abfahrt Wien-West um 06:30 Uhr nach Oberstdorf. Zumindest für uns vier vom ULT Heustadlwasser, Jean-Marie und Christian wollten erst mit einem späteren Zug anreisen. Wir waren guter Stimmung, überzeugt, dass wir das schaffen werden, trotz der Hitze, die vorausgesagt war. Oberstdorf (bekannt durch seine Sprungschanzen) war bei unserer Ankunft bereits fest in Trailrunner-Händen und -Beinen. Wir holten die Startunterlagen ab, fassten eine große Salomontasche aus, mit der das Gepäck immer von einer Etappe zur nächsten transportiert werden sollte, und checkten jenes Gepäck ein, das direkt nach Sulden, dem Endziel transportiert werden sollte. Alles wunderbar und ohne Probleme. Ab 17:30 Uhr fand die Pasta Party samt offizieller Eröffnung und Briefing statt. In der Zeit trudelten auch Jean-Marie und Christian ein. Alles gut. Der morgige Tag kann kommen.TAR_Strecke

1. Etappe: Oberstdorf/GER nach Lech/AUT

Start um 10:00 Uhr. Gut und schlecht zugleich. Gut, weil entspanntes Aufstehen und gemütliches Frühstücken, schlecht, weil es zum Start schon sehr warm ist. Zum Eingewöhnen stehen 34,6 km und 2083 HM am Programm. Alle sechs sind wir guter Dinge. Freuen uns, dass es endlich losgeht. Zuerst aber noch Check-In. Der Rucksackinhalt wird genau kontrolliert: Regenjacke, lange Hose, langes Shirt, Haube, Handschuhe, Rettungsdecke, Erste Hilfe Set, Trailbook, Wasserbehälter für mind. 1,5 l, Ausweis und … jedes mitgeführte Gel muss mit der Startnummer beschriftet sein. Letzteres führte immer wieder zu Verzögerungen, da viele bei der Beschriftung säumig sind. Nervig. Noch ein paar Bilder, und es geht los. Martin und ich „gehen“ es sehr gemächlich an. Martin K. und Erwin schon etwas zügiger, Jean-Marie und Christian sind irgendwo dazwischen. Ausgelassene Stimmung auf den ersten Kilometern, geprägt insbesondere von den Spaniern, die sich ununterbrochen unterhalten. Martin und ich finden ein gutes Lauf-/Geh-Tempo, wobei ich Martin zunächst hin und wieder etwas bremsen muss, scheinbar hat er überschüssige Energien. Ab km 7 sind bis km 15, Fiderescharte (2.190 m), ca. 1.300 HM zumeist in der proberstdorfallen Sonne zu überwinden. Erste Dramen, erste Infusionen, die ersten TeilnehmerInnen steigen bereits aus. Auch Martin und ich kämpfen mit der Hitze, der Schweiß rinnt in Strömen, unglaublich, wir trinken Unmengen, freuen uns über jede zusätzliche Wasserstelle/Quelle abseits der Versorgungsstellen. Irgendwo auf dem Weg rauf zur Fiderescharte treffen wir Erwin und Schnuffi, beide scheinen leicht angeschlagen, von Martin K. ist nichts zu sehen. Zu dritt, eigentlich mit Schnuffi zu viert, machen wir uns weiter auf den Weg nach oben. Wenig später taucht dann doch auch Martin K. auf, von der Gesprächigkeit her wie immer das Gegenteil der Spanier, irgendwas vor sich hinbrummend. Martin W. und ich beschließen, die beiden allein zu lassen, wir können ihnen nicht helfen, sie müssen sich selbst organisieren, um ins Ziel nach Lech zu gelangen. Ab der Fiderescharte geht es bis zur V2 Warth, km 25,9, ständig auf und ab, die Hitze macht uns zu schaffen. Wir sehnen uns nach dem Ziel. Auf dem Weg zur V2 treffen wir in einem Bergab-Stück auch auf Christian und Jean-Marie. Während Christian sehr entspannt wirkt, hat Jean-Marie große Probleme mit seinem linken Knie. Die Bergab-Passagen fallen ihm sehr schwer. Ein kleines Stück bleiben wir zusammen, dann läuft jedes Team wieder sein eigenes Tempo. Die letzten 5 km werden dann sehr zäh, obwohl die Höhenmeter nicht mehr der Rede wert sind. Die Hitze ist einfach mörderisch. Nach 6:50 Stunden sind wir im Ziel. Echt heilfroh, es geschafft zu haben. Wenig später treffen auch Christian und Jean-Marie ein. Martin K. und insbesondere Erwin kommen mit größeren Problemen ins Ziel. Erwin muss sich sogar unmittelbar danach übergeben. Aber, auch sie haben es geschafft. Jean-Marie wird noch von einem fulminanten Krampf überrascht, doch auch der geht vorbei.

 Zur Unterkunft fahren wir mit dem Taxi. Erwin geht es nicht besonders gut. Alle machen wir uns Sorgen, wird er morgen starten können? Er muss es unbedingt schaffen, etwas zu essen. Die Pasta-Party kommt noch zu früh, die verweigert er. Allerdings später gelingt es ihm doch, in einem Gasthaus etwas zu essen und zu trinken. Damit steigen die Chancen eines Starts. Jean-Maries Knie wird von Martin getapt, aber auch sein Start morgen ist noch nicht sicher.

 2. Etappe: Lech/AUT nach St. Anton/AUT

 Start dieses Mal schon um 08:00 Uhr. Wir sind froh ob des frühen Zeitpunkts, steht doch eine Hitzeschlacht bevor. Wir, das sind alle 6, also auch Erwin und Jean-Marie versuchen es. Super. Ab heute gibt es auch Blockstart. Wir sind in B, die beiden anderen Teams in C. B ist perfekt für uns, in diesem Block reihen wir uns im letzten Drittel ein, um einfach „mitzuschwimmen“, wenn es den Berg im Gänsemarsch raufgeht. In diesem Block, so glauben wir, haben wir auch immer die Cut-Off-Zeiten gut im Griff. Die ersten km bringen wieder einen Aufstieg von knapp 1.000 HM zum Rüfikopf auf 2.350 m. Martin und ich sind in der Zwischenzeit schon ein eingespieltes Team. Es läuft. Wir sind füreinander da, übernehmen abwechselnd die Führung, haben auch hin und wieder Zeit zu fotografieren. Höhepunkt am heutigen Tag ist das Valfagerjoch auf 2.543 m. Voll in der Sonne, aber coole Ausblicke. Ab dem Valfagerjoch geht es ca. 1.250 HM nur noch runter. Nicht unbeschwerlich, dafür aber vorbei an „unserem“ Heustadl Apres Ski Partyzelt, kurz vor St. Anton. In 5:46 Stunden sind wir in Ziel, unmittelbar gefolgt von Jean-Marie und Christian. Whatsapp bringt die erste Ernüchterung: „wir sind raus. Kommen mit shuttle“. Erwin und Martin haben es nicht geschafft. Wie viele andere auch noch, doch das sollten wir erst später erfahren. Unsere Stimmung entsprechend. Wir schleichen in unsere Unterkunft. Auch wir zweifeln jetzt, ob wir das schaffen werden, wir sind um nichts besser oder schlechter als sie. Haben wir uns zu viel vorgenommen mit dem Transalpine-Run? Erwin ist sehr deprimiert, als sie beide in der Pension einlangen. Martin und ich irgendwie hilflos, beide sind wir sehr müde und beide können wir nicht wirklich helfen. Dementsprechend bleibt es auch nur bei einem kurzen Besuch der Pasta Party. Auch, weil der Lärmpegel dort unerträglich ist. Nervtötend. Eines wird aber von Erwin und Martin K. noch beschlossen: Sie fahren mit dem Bus nach Landeck, der nächsten Zielankunft, und entscheiden erst dort, was sie weiter machen werden.

 3. Etappe: St. Anton nach Landeck/AUT

Start erstmals schon um 07:00 Uhr, d.h. um 4:45 Uhr aufstehen und um 5 Uhr frühstücken. Auch müssen wir dieses Mal zügig in unseren Startblock, da wir aus C starten müssen. Das birgt die Gefahr, an der ersten Cut-Off-Zeit zu scheitern, weil es unmittelbar nach dem Start wieder zügig 800 HM nach oben geht. Also haben wir schon um 06:30 Uhr unsere Startposition bezogen. Letztendlich alles halb so schlimm, wir mischen uns schnell unter die langsameren B’s . Schön langsam haben wir auch unser optimales Renntempo für die einzelnen Etappen gefunden. Nach knapp über 7 Stunden haben wir auch dieses Mal wieder alle Strapazen überstanden. Im Ziel genehmigen wir uns wieder das wohlverdiente alkoholfreie Bier. Bier im ZielWenig später langt auch Christian ein. Allein! Jean-Marie musste aufgeben, zu große Probleme mit dem Magen. Nächster Tiefschlag für unsere Gruppe. Jetzt sind nur noch Martin und ich als Team übrig. Nicht gut. Erwin und Martin K. haben in der Zwischenzeit mit einem Leihauto ihr Gepäck aus Oberstdorf, das für Sulden vorgesehen ist, abgeholt und beschlossen, morgen mit dem Zug nach Wien zurückzufahren. Christian und Jean-Marie sollten sich ebenfalls noch dafür entscheiden. Alle 6 gehen wir aber noch zur Pasta Party, Stimmung gedrückt, das Essen fällt mir schwer, ich bin sehr müde. Zu guter Letzt die Verabschiedung von den 4 Mitstreitern. Deprimierend.

 4. Etappe: Landeck/AUT nach Samnaun/SUI

Die Königsetappe mit 45,7 km und 2.861 HM. Start um 07:00 Uhr. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich starten kann. Praktisch nichts geschlafen, unangenehme Magen-/Darmprobleme. Einfach ein mulmiges Gefühl. Zum Frühstück bekomme ich zumindest einen Tee und zwei Marmelade-Semmeln hinunter, Grund genug, es zu probieren. Heute sind wir wieder in Startblock B, also kein Stress beim Einchecken. Mir ist weiter nicht wirklich gut, Martin versucht mich aufzuheitern, Erfolg mäßig. Erstaunliches tut sich dann aber mit dem Startschuss: Ich laufe los und alles ist weg. Ob mir das jemand glauben wird? Wieder geht es gleich mal zügig nach oben: 1.600 HM auf 12 km. Wir schwimmen wieder mit. Irgendwann habe ich erste Zweifel, ob wir bei V1 das Zeitlimit schaffen werden. Als selbst Martin zu zweifeln beginnt, ist das für mich das Kommando: Tempo! Wir legen los und begeben uns auf die Überholspur nach oben. Geht in dem Fall gut, da keine Single Trail. Angelangt bei der V1 (Fisser Joch) auf 2.432 m sind wir zufrieden, 15 min. unter dem Limit geblieben. Zu diesem Zeitpunkt war das unsere Realität. In Wahrheit haben wir uns um eine Stunde geirrt, waren also um 75 min. unter der Cut-Off-Zeit. Ein Irrsinn, für den wir dann bis Samnaun auch ein wenig zu büßen hatten. Wiederum aber eine sehr schöne Strecke mit dem Höhepunkt Ochsenscharte auf 2.787 m bei km 29,30. Bis dorthin kommt mir aber noch bei einer Trinkpause meine Geldbörse mit 400 € und allen Ausweisen ochsenscharteabhanden. Martin fällt zunächst auf, dass mein Rucksack offen ist. Ein kurzer Inhaltscheck offenbart den Verlust meiner Geldbörse. Ein Alptraum. Also wieder zurück, den LäuferInnen entgegen, die uns fragend anschauen. Einigen ist das „Red Bag“, ich habe die Geldbörse in einem orangen Hundekotentsorgungssackerl eingepackt, am Boden liegend aufgefallen. Hoffentlich nimmt es nur keiner weg, denke ich mir beim Zurücklaufen. Das Glück ist letztendlich auf unserer Seite, Martin, der mir voraus ist, findet sie genau an der Stelle, an der wir eine Trinkpause eingelegt hatten. Beiden fällt uns ein Stein vom Herzen.

 Nun geht es ab in die Schweiz, das erste Mal für mich, bei km 37,20 ist es soweit. Den Rest erledigten wir zügig. Nach 8:39 Stunden sind wir im Ziel. Obligatorisches Bier und ab ins Quartier. Das ist in diesem Fall luxuriös. 3 Schlafzimmer und 2 Badezimmer. Na ja, Martin und ich können hier getrennte Wege gehen. ;-) Auf die Pasta Party verzichten wir, da wieder irgendwo am Berg oben. Wir sind müde und wollen nur eins: Ruhe und Erholung und keine mörderische Beschallung. Wir organisieren stattdessen eine Pizza und sind zufrieden. Morgen Start erst um 10 Uhr. Genial.

 5. Etappe: Bergsprint Samnaun/SUI

Heute dürfen wir doch ein wenig Gas geben: 6,3 km mit 731 HM. Wetter besser als erwartet. Der Regen hat aufgehört.bergsprint Gestartet wird in 20 Sekunden-Intervallen in umgekehrter Reihenfolge der Teamwertung. Die schnellsten also zuletzt. Das droht zu einem Gemetzel zu werden auf dem Single-Trail.  Unsere Startzeit: 10:45 Uhr. Wir legen gleich mal los, die ersten beiden flachen 2 km so ca. im 4:30 min/km-Schnitt. Geht eigentlich dahin. Wunderbar. Ab km 2 geht es dann mehr oder weniger steil rauf zur Bergstation Alp Trider Sattel auf 2.499 m. Einfach alles gut, wir können Tempo machen, werden nur hin und wieder überholt und können umgekehrt einige hinter uns lassen. Die gesamte Trailstrecke allerdings schlimmste Gatschzone. Konzentration ist gefragt. Nach 70 min sind wir oben. Rein in die Bergstation, umziehen und essen, was nur reingeht. Zufrieden. Zurück mit der Seilbahn. Martin lässt es sich im Zimmer nicht nehmen, seine Laufschuhe zu reinigen, ich verzichte, kann mich nicht dazu aufraffen.

 6. Etappe: Samnaun/SUI nach Scuol/SUI

 Frühstück im Appartement. Eingekauft am Vortrag in diesem absurden Duty-Free-Ort. Es fällt sehr bescheiden aus. 2 Marmeladebrote und Tee und Orangensaft.

 Start dieses Mal um 08:00 Uhr: 37,1 km und 2.064 HM. Heute schaut Martin nicht so super frisch aus, während ich mich unerwartet gut fühle. Start wieder im Block B, und wieder haben wir umgehend einen Aufstieg zu bewältigen. 700 HM auf das Zeblasjoch in 2.539 m. In der Zwischenzeit alles kein Problem mehr, einfach „Alltag“, auch Martin kommt gut damit zurecht. Das Wetter meint es weiter gut mit uns, kein Regen, angenehme Temperaturen, vermehrt aber Gatsch-Abschnitte. Höhepunkt dieses Mal bei km 26 Fuorcia Champatsch auf 2.730 m. Danach geht es steil nach unten: 1.500 martinHM auf 10 km. Wir geben Gas. In 6:35 Stunden erreichen wir Scoul. Sehr zufrieden. Lähmend sind allerdings die Abholung unserer Taschen und das Aufsuchen unseres Quartiers. Kostet uns viele Energien. Pasta Party wieder auf einer Bergstation und nur via Seilbahn erreichbar. Auf dem Weg zur Seilbahn macht sich zum ersten Mal mein Schienbein bemerkbar. Leichte Schmerzen. Die Beunruhigung darüber hält sich noch in Grenzen. Allerdings bei der Rückkehr ins Quartier im strömenden Regen wird es schon unangenehmer. Martin bietet an, das Bein zu tapen. Dieses Angebot nehme ich gerne an. Zunächst einer formvollendete Rasur, danach wird geklebt. Wird schon gut gehen. Noch zwei Tage.

 7. Etappe: Scuol/SUI nach St. Valentin/ITA

 Irrtum. Schlecht geschlafen, improvisiertes Inhouse-Frühstück: 2 Marmelade-Brote mit Tee und vor allem: Schmerzen am Schienbein. Das wird ein harter Tag, soviel ist sicher.

 Also: Die erste Schmerzensetappe steht an. Das ist mir beim Start um 8:00 Uhr definitiv klar. 37,80 km mit 1.633 HM. Kein Honiglecken mit dem Bein. Die ersten 7 km geht es leicht bergab. Ich versuche fokussiert zu bleiben, schotte mich ab. Ich muss da heute durch. Bergauf geht es dann besser, das Gehen fällt dabei etwas schwerer als das Laufen, also versuche ich zu laufen, wo immer es möglich ist. Ab km 14 dann die wunderschöne Uina Schlucht. Ich kann mich trotz der Schmerzen kaum losreißen. Fotos sind nur ohne Martin möglich. Der liebt das Ausgesetzte nicht so sehr und will nur eins: so schnell als möglich die Schlucht hinter sich lassen. Mit dem Erreichen des Schlinigpasses auf 2315 m haben wir bereits 1.200 der heutigen 1.633 HM erledigt. Die nächsten km sind nicht einfach für mich. Die Schmerzintensität variiert, je nach Untergrund und je nach Steigung bzw. Gefälle. Heilfroh als wir den Schafbergspitze auf 2.409 m erreicht haben. Nun geht es nur noch bergab, ca. 1.000 HM. Davor hatte ich beim Start am meisten Angst. Widererwarten geht es aber halbwegs akzeptabel hinunter, erst die letzten km am Asphalt werden wieder eine Herausforderung. Ich muss jetzt hin und wieder gehen. Trotzdem, wir erreichen in sehr akzeptablen 6:08 Stunden, 2,5 Stunden unter Cut-Off, das Ziel. Habe ich nicht erwartet. Ohne das Problem mit meinem Bein, wäre heute sehr viel drinnen gewesen. Es folgt das obligatorische alkoholfreie Bier, der eine oder andere Kuchen, und dann die Abholung unseres Gepäcks. Zufällig kommen wir dabei am Kultursaal St. Valentin vorbei, dort werden Massagen angeboten. Vielleicht hilft das. Ich bekomme auch umgehend einen Termin. Die Massage eine Tortur par excellence. Unglaubliche Schmerzen. Der Masseur klärt mich auf: Ich habe eine schwere Sehnenscheidenentzündung am Schienbein. Ob ich mit der morgen ins Ziel komme, lässt er offen. Mein Optimismus ist jedenfalls im Keller. Informiere darüber im Zimmer auch Martin. Doch noch wollen wir beide die Hoffnung nicht aufgeben. Jetzt gehen wir mal gut Essen auf die Bergstation Haideralm, versuchen gut zu schlafen, morgen früh sehen wir weiter. Auf der Bergstation gibt es auch noch eine gute Nachricht: Wegen des Schlechtwetters wird die Strecke geändert, 2 km kürzer und vor allem deutlich weniger HM. Vielleicht schaffe ich es doch.

 8. Etappe: St. Valentin/ITA nach Sulden/ITA

 39,20 km und nur 1.590 HM. Start um 07:00 Uhr. Schon zu diesem Zeitpunkt ist klar, es wird eine weitere, noch schlimmere Schmerzensetappe. Zwar gut geschlafen und auch das Frühstück gut runter bekommen, aber schon beim Aufstehen hartnäckiger Bein-Widerstand. Die Chancen stehen somit extrem schlecht, mit den Problemen im linken Bein ins Ziel zu kommen – verbalisierter Optimismus und Schmerztabletten hin oder her. Zumindest aber ist es einen Versuch wert. Wir starten wieder in Block B, also von da her wieder alles sehr entspannt. Die Cut-Off-Zeiten sind sehr großzügig, das schlechte Wetter hält sich zurück, es kann losgehen. Leider ist es so wie es ist. Jeder (Lauf-)Schritt ist mit mehr oder weniger großen Schmerzen verbunden. Erschwerend kommt noch dazu, dass es bis km 20 fast nur bergab gehen wird. Etwas, was das Bein so gar nicht mag. Humpelnd, fluchend, verzweifelnd nezieleinlaufhme ich die ersten km in Angriff. Martin vertreibt sich dabei die Zeit mit regelmäßigem Pinkeln. Wir werden überholt, überholt und nochmals überholt. Auch der Block C, 10 min. hinter uns gestartet, hat uns beide bald ein- und überholt. Irgendwann verständigen wir uns darauf, dass es keinen Sinn mehr macht. V1, Laatsch, bei km 10, werde ich das Rennen beenden. Ein ganz schlimmer Moment, als er da ist, ich bin den Tränen nahe. Schluss, aus, Ende. Martin übergebe ich noch die Rettungsdecke und den Plan für die Laufstrecke, kurzer Abschied, jetzt kann er Gas geben. Wir, das Team, sind draußen, absoluter Tiefpunkt. Aber zumindest Martin wird ins Ziel kommen und Medaille samt T-Shirt erhalten. Damit doch nicht komplett gescheitert. Mich bringt der Veranstalter via Shuttle-Dienst ins Ziel nach Sulden. Dort sehe ich den Zieleinlauf der ersten Teams, dann verziehe ich mich enttäuscht in die Pension.

Martin hat es natürlich locker geschafft. Ich bin sehr sehr froh darüber. Und am nächsten Tag gibt es noch einen wunderbaren, unvergesslichen Augenblick: Gina, Sonja und Erwin holen uns unerwartet am Westbahnhof ab. Danke! Das werde ich nie vergessen.

 Ankunft_Westbahnhof

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