Sieben Lehren vom Vienna City Marathon 2025

Die 42. Auflage des VCM war mein fünfter in Wien und mein elfter Marathon – mein elfter flacher, um genauer zu sein, dreimal Stelvio Marathon oder einmal Kaisermarathon lasse ich außen vor. Dort, wo auch ein paar tausend Höhenmeter reinspielen, komme ich sicher nicht unter die Vier-Stunden-Marke.

Einen Marathon unter vier Stunden bin ich zwar schon gelaufen, am 20. März 2020 auf der Prater Hauptallee – Erwin ist mein Zeuge -, er war mit 3:48:34 Stunden auch recht flott, aber eben doch nur ein Trainingslauf. "Mindestens ein Mal in deinem Läuferleben hätte ich gerne einen offiziellen Marathon unter vier Stunden von dir“, sagte mir meine Frau („but no pressure“ fügte sie dann doch nicht an). Und so laufe ich auf meinen geliebten Trails und denke zuweilen an einen asphaltierten Stadtmarathon, der sub-4 zu laufen ist.

Der VCM 2025 war es dann schließlich doch nicht, und das hat seine Gründe. Hier sind meine sieben Take-Aways.

1 - Training

Seit rund zweieinhalb Monaten stehe ich gut im Training, doch ein gezielter Aufbau für einen (für mich) schnellen Marathon steht nicht im Vordergrund. Viel eher geht es mir – betreut vom phantastischen Gerhard Schiemer – darum, die vorhandene Schnelligkeit vom Asphalt auf den Trail zu übertragen, der Lavaredo Ultra Ende Juni ist ja sehr „laufbar“. Deswegen gab’s zwar einige Tempowechsel-Einheiten, aber kein Intervalltraining, und die fehlende Tempohärte habe ich bezahlt.

2 - Pacing

Bereits an der Startlinie habe ich gewusst, dass, sollte es passieren, es eine Sekunden-Entscheidung wird. So bin ich brav in jenem Tempo losgelaufen, das ich lediglich 42.195 Meter hätte durchhalten müssen. Ich orientierte mich an den Fahnen der Pacemaker, aber es waren zu viele Läufer:innen unterwegs, und immer dann, wenn ich aus dem Fluss geriet, hat die Aufholjagd auf die Pacer schon wieder von vorne begonnen.

3 - Unterstützung

Der VCM ist eine grandiose Veranstaltung, doch um die Stimmung ganz mitnehmen zu können, die die Stadt erfasst, zahlt es sich aus, eher im 4-Stunden- als im 5-Stunden-Bereich unterwegs zu sein. Bei meinem fünften Antreten war ich so gut wie noch nie zuvor. Dazu haben auch meine Frau, unser Obmann und mein Freund Erwin, die vielen Zuschauer ihren Beitrag geleistet. (Und mein das T-Shirt. Wenn du mit „Lauf Alter“ durch die Gegend läufst, kannst du nie gehen, niemals…)

4 - Ernährung

Der Mann mit dem (oder: den) Hammer war ich – ich hatte in nachfüllbaren Flasks acht Gels mit mir, von denen ich sieben benötigte. Mein Ernährungskonzept war einfach, vielleicht um eine Nuance zu einfach. Ab Kilometer 32, 34 traten aufgrund Salzmangels leichte Wadenkrämpfe auf – diese Pace geht gerade noch, schien der Körper zu sagen, aber wage es nicht, schneller zu laufen.

5 – Neue Ziele

Nach einem Halbmarathon in exakt zwei Stunden (2:00:00) und einer immer noch validen 30-km-Durchgangszeit von 2:50:29 sind es körperliche Problemchen, die mich langsamer werden lassen. Ein paar Kilometer später weiß ich, dass es sich nicht mehr ausgehen wird. In den Jahren zuvor hätte ich abgeschaltet, zu gehen begonnen und nach 4:40, 4:50 Stunden das Ziel erreicht (weil es ohnehin schon wurscht ist). Mein Mindset hat sich in diesem Jahr verändert, in London bei den „Hundred Hills“ wollte ich unter sieben Stunden bleiben (Check!), in Wien setzte ich mir das nächste Ziel: wenn nicht 3:59:irgendwas, dann bitte unter 4:10. Und als auch diese Zeit außer Reichweite war, dann bitte unter 4:12.

6 - Dankbarkeit

Ich benötigte 4:11:19, die Durchschnittspace betrug 5:58, das ist eine persönliche Bestleistung über diese Distanz und ich bin sehr zufrieden mit meiner Leistung. Ich denke an das Lächeln in meinem Gesicht, das ich für 20, 30 Kilometer trug, ich denke an das Gefühl der Dankbarkeit, das mich von Anfang bis Ende begleitete – Dankbarkeit, das machen zu dürfen und zu können, was ich so sehr liebe. Und ich bin dankbar, gewollt und unfallfrei über exakt jene Stelle gelaufen zu sein, die im Vorjahr beim Halbmarathon für einen bösen Sturz zumindest mitverantwortlich war.

7 – Schrauben

Meine Frau sagt, mit einem leichten Grinsen, dass mein Streben nach einem Marathon unter vier Stunden zu einem doppelten Wettlauf gegen die Zeit wird, zum einem bis zur Startlinie (immerhin bin ich schon 57), zum anderen dann auf der Strecke. Ich indes glaube, nur an drei, vier Schrauben drehen zu müssen, um dieses Ziel zu erreichen – mit einem darauf ausgerichteten Trainingsplan, bei einem nicht so überlaufenen Marathon wie es der VCM ist, mit Erwin als persönlichen Pacer. Und immer mit meiner Frau, die mich anfeuert und mit der Freude am Tun, gleich, was am Ende herauskommt.